Erweiterung der Hochschule Neu-Ulm: Chaos auf Kosten der Bürger

08. März 2013

Für die Fraktion der SPD im Neu-Ulmer Kreistag war es eine Woche der Erkenntnisse: 1. Auf die Aussagen eines Staatsministers kann man sich nicht verlassen. 2. In Bayern entscheidet nicht der zuständige Landtag über die Vergabe der Mittel, eine mündliche Aussage aus der Staatskanzlei reicht vollkommen. 3. Das Neu-Ulmer Landratsamt weiß auch nicht alles. 4. Vorauseilender Gehorsam ist immer schlecht. 5. Derjenige, der mehr wusste als alle anderen, war Landtagsabgeordneter Peter Schmid. 6. Wenn Du eine Sondersitzung des Kreistags möchtest, wende Dich an Prof. Dr. Uta Feser, Präsidentin der Fachhochschule Neu-Ulm.

In der letzten Kreistagssitzung 2012 sollte der Kreistag einen zweckgebundenen Zuschuss in Höhe von 750.000 Euro für die Planungskosten des nächsten Bauabschnitts der Fachhochschule Neu-Ulm beschließen. Eigentlich eine rein staatliche Aufgabe. Der Unmut aller Kreisräte war daher groß, dennoch war eine Mehrheit bereit, einschließlich der SPD-Kreistagsfraktion, für die Gewährung des Zuschusses stimmen. Wenn nicht Landtagsabgeordneter Peter Schmid in letzter Sekunde erklärt hätte, von „Zuschuss“ könne doch keine Rede sein, allenfalls von einer „Vorfinanzierung“. Er werde sich darum selbst kümmern. Also wurde der Tagesordnungspunkt, unter anderem gegen die Stimme des Landrats, vertagt.

Mit Schreiben vom 19. Dezember 2012 erklärte dann der Bayerische Staatsminister für Wissenschaft und Forschung, Dr. Wolfgang Heubisch, FDP, gegenüber Landrat Erich-Josef Geßner, dass nur durch einen „zweckgebundenen Zuschuss“ der 2. Bauabschnitt der FH zeitnah begonnen werden könne. Dieses hat Heubisch in einem weiteren Schreiben vom 20.02.2013 auch nochmals bestätigt.

In den aktuellen, noch nicht verabschiedeten, Haushalt des Landkreises hatte der Landrat daher diesen Zuschuss auch aufnehmen lassen. Der Haushalt soll Mitte April verabschiedet werden.

Ende Februar wurde dann plötzlich zu einer weiteren Sitzung von Kreisausschuss und Kreistag für den 08. März eingeladen. Ungewöhnlich denkt sich der gemeine Kreisrat, aber vielleicht eilt es ja. Im Rahmen dieser Sitzung sollte vorab, „um die dringend notwendige Erweiterungsplanung für den 2. Bauabschnitt“ in Angriff nehmen zu können, beschlossen werden, dass der Landkreis den Zuschuss von 750.000 Euro zahlt.

Dann ging es Schlag auf Schlag: Am Montag den 04.03. informierte der Landrat in der Sitzung des Schul- und Kulturausschusses dessen Mitglieder, das Kabinett habe beschlossen, die Planungsmittel nun doch als „Vorschuss“ und nicht als „Zuschuss“ anzusehen, sprich der Kreis solle das Geld vom Freistaat wiederbekommen. Am 06.03. erhielten die Mitglieder des Kreistags mit der Post dennoch die Sitzungsunterlagen für die Kreistagssitzung am Freitag, bevor ebenfalls im Laufe des Mittwochs dann per Mail die Absage der Sitzungen erfolgte. In der Absage erfuhren die Mitglieder des Kreistags dann auch, dass der Landrat zu dieser Sitzung lediglich auf Wunsch von Frau Prof. Feser eingeladen hatte.

Als Mitglied des Kreistags sowie Bürger in Bayern reibt man sich nach dieser Woche und ihrem Vorspiel im Dezember verwundert die Augen und fragt sich, ob die Wahl eines Landtags im September nicht vielleicht doch einen völlig unnötigen, offensichtlich auch entbehrlichen Aufwand darstellt, wenn doch einzelne Mitglieder einer Staatsregierung jederzeit Forderungen stellen, Zusagen machen, dieselben widerrufen und Millionen an Euro ausgeben können, entgegen den gesetzlich definierten Zuständigkeiten und ganz ohne die Beteiligung des eigentlich zuständigen Parlaments.

Wäre der Kreistag in seiner Mehrheit im Dezember dem Landrat gefolgt, hätte dieser vorauseilende Gehorsam den Kreis 750.000 Euro gekostet. Geld, das wir angesichts der in den kommenden Jahren dramatisch zunehmenden Verschuldung des Kreises dringend benötigen. Die Art und Weise dieser Staatsregierung, sowohl mit dem Landtag, als auch mit uns Vertretern vor Ort umzugehen ist, nimmt man unser System der parlamentarischen Demokratie weiter ernst, unerträglich. Es ist eine Missachtung all dessen, was Demokratie und Gewaltenteilung bedeutet und auszeichnet.

Umso wichtiger, mit einer großen Wahlbeteiligung im Herbst zu zeigen, wer das Volk ist und wo die eigentliche Macht sitzt.

Antje Esser, Fraktionsvorsitzende

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